Die ständige Praxis Bulgariens, Geflüchtete in die Türkei zurückzuschieben, ohne zuvor sorgfältig die dortigen Verfolgungsrisiken zu prüfen, verstößt gegen das Non-Refoulement-Prinzip aus Art. 3 EMRK und das Recht auf einen wirksamen Rechtshelf gem. Art. 13 EMRK – das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einer am 20. Juli 2021 veröffentlichen Entscheidung (D. gegen Bulgarien, Az. 29447/17) entschieden. Der türkische Beschwerdeführer war in der Türkei langjährig als Journalist tätig und musste aufgrund zunehmender staatlicher Repression im Nachgang zu dem versuchten Staatsstreich in der Türkei im Juli 2016 das Land verlassen. Zusammen mit 8 weiteren Geflüchteten aus der Türkei und aus Syrien wurde er am 14. Oktober 2016 an der bulgarisch-rumänischen in einem LKW aufgegriffen und nach einem Informationsaustausch zwischen bulgarischen und türkischen Sicherheitsbehörden ohne Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen, binnen weniger als 24 Stunden in die Türkei zurückverbracht, dort in Untersuchungshaft genommen und im Dezember 2019 zu einer langjährigen Haftstrafe wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ verurteilt. Mit Unterstützung vom ECCHR, der Stiftung Pro Asyl und der bulgarischen NGO Voice in Bulgaria erhob D im April 2017 eine Menschenrechtsbeschwerde beim EGMR. In dem Verfahren wurde er von Rechtsanwalt Carsten Gericke vertreten.
EGMR: Zurückschiebung eines verfolgten türkischen Journalisten von Bulgarien in die Türkei war menschenrechtswidrig
21.07.2021